Neue Verbraucherinsolvenz-Regeln ab 01.07.2014

24 Juni, 2014

Es gibt zum 01. Juli 2014 neue Verbraucherinsolvenz-Regeln: Nur noch drei statt bislang sechs Jahre lang Forderungen von

Gläubigern abstottern, und dann auch den Rest der Schulden loswerden – so sieht’s die Reform des Verbraucherinsolvenzverfahrens auf dem Papier vor. „Der Stichtag 1. Juli 2014 ist jedoch keinesfalls ein Signal, dass sich Schuldner nun leichter von ihren finanziellen Verpflichtungen befreien können“, warnt die Verbraucherzentrale NRW, sich vom vermeintlichen Reiz der verkürzten Verfahrensdauer blenden zu lassen. Denn: Kaum ein Verbraucherschuldner wird die auferlegte hohe Hürde, innerhalb von drei Jahren mindestens 35 Prozent der Gläubigerforderungen sowie die gesamten Kosten für das Verfahren zu decken, überwinden können. Das Gros der Schuldner wird daher nicht von der Verkürzung profitieren. „Schon realistischer ist die Verkürzung auf fünf Jahre zu erreichen: Sie greift, wenn zumindest die Verfahrenskosten beglichen werden können“, prognostizieren die Verbraucherschützer. Schuldner müssen sich auf folgende Neuerungen einstellen:
• Quotentreiber berücksichtigen:
Die Höhe der zu deckenden Beträge, um die vorzeitige Befreiung von der Restschuld zu erlangen, hängt maßgeblich von der Schuldenhöhe ab. Wer zum Beispiel 35.000 Euro Schulden hat, müsste innerhalb von drei Jahren alleine 12.250 Euro an den Insolvenzverwalter zahlen, um die neu eingeführte Quote von 35 Prozent zu erreichen. Hinzu kommen noch die Kosten des Verfahrens für das Gericht und den Insolvenzverwalter. Diese sind derzeit nicht zu überschauen, da sie sich nach der Höhe der Insolvenzmasse bemessen. Somit wird die Vergütung zumindest dann, wenn Geld für die Zahlung der Gläubigerquote vorhanden ist, in der Regel deutlich höher als bislang sein. Und aus einer Quote von 35 Prozent kann so schnell eine von 50 bis 60 Prozent oder sogar mehr werden. Nur wenn so viel Geld aufgebracht werden kann, ist der vorzeitige Start ins schuldenfreie Leben möglich. Gelingt es innerhalb von fünf Jahren, zumindest die Vergütung für den Insolvenzverwalter und die Gerichts- sowie Zustellungskosten zu zahlen – wenn keine zu verteilenden Mittel vorhanden sind, sind das in der Summe rund 1.500 bis 2.000 Euro – , verkürzt sich das Verfahren von sechs auf fünf Jahre.
• Mehr Befugnisse für Insolvenzverwalter:
Bislang konnte der Insolvenzverwalter Rechtsgeschäfte, die der Schuldner vor Stellung des Insolvenzantrages getätigt hat, nur im Auftrag der Gläubiger anfechten und somit ungültig machen. Künftig kann er jetzt etwa Zahlungen an Gläubiger unter bestimmten Umständen auch von sich aus im eigenen Interesse anfechten, zum Beispiel wenn der Schuldner noch Vermögenswerte an Verwandte verschenkt hat oder wenn er Geldstrafen oder andere Forderungen „abstottert“. Es ist ratsam, sich rechtzeitig beraten zu lassen, um eine Anfechtung durch den Insolvenzverwalter zu vermeiden.
• Unterhaltstitel anpassen lassen:
Oftmals übersteigen die festgesetzten Unterhaltstitel die finanziellen Möglichkeiten des Schuldners. Deshalb sollten die Unterhaltsbeträge für Kinder oder den Ehegatten – nach Beratung eines auf Familienrecht spezialisierten Rechtsanwalts – angepasst werden. Denn wenn der Schuldner einfach nur die Unterhaltszahlungen aussetzt, ohne den Unterhaltstitel entsprechend seinen veränderten finanziellen Möglichkeiten abändern zu lassen, läuft er zukünftig Gefahr, dass seine Unterhaltsschulden von der Restschuldbefreiung ausgenommen werden und er diese auch nach dem Insolvenzverfahren weiterhin behält und abzahlen muss.
• Rückzahlungsprivileg bei Arbeitgeberdarlehen entfällt:
Bei einem Arbeitgeberdarlehen vereinbarte Ratenzahlungen können – unter Berücksichtigung der Pfändungsfreigrenzen – direkt vom Lohn einbehalten werden. Bisher galt diese bevorzugte Stellung auch während der ersten zwei Jahre in der Insolvenz des Arbeitnehmers, denn sogenannte Abtretungsgläubiger – neben Arbeitgebern häufig auch Banken – wurden in diesem Zeitraum privilegiert behandelt, sodass die anderen Gläubiger zunächst leer ausgingen. Künftig wird dieses Privileg wegfallen und Arbeitgeber müssen sich in die Riege der anderen Gläubiger einreihen. Dies könnte dazu führen, dass Arbeitgeberdarlehen seltener oder zögerlicher vergeben werden.
• Auto auf dem Prüfstand:
Wer zwar ein Auto hat, dieses aber nicht unbedingt für den Weg zum Arbeitsplatz oder aus gesundheitlichen Gründen benötigt, muss damit rechnen, dass der Insolvenzverwalter das Auto verkauft und den Erlös auf die Verfahrenskosten bzw. an die Gläubiger verteilt. Bisher konnte dies durch Zahlung eines angemessenen Geldbetrags verhindert werden. Diese Regelung fällt weg, sodass es künftig schwieriger wird, ein Auto zu behalten, das man nicht zwingend zum Erhalt der Arbeitsstelle oder wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen braucht.
• Steuerschulden:
Auch Steuerschulden sind zum Teil von der Restschuldbefreiung ausgenommen. Deshalb ist hier kompetente und frühzeitige Beratung gefragt, um allen Gläubigern gerecht zu werden und die Schuldenregulierung auf ein tragfähiges Fundament zu stellen.
• Insolvenzplanverfahren:
Neu ist auch das Insolvenzplanverfahren für Verbraucherschuldner. Dieses kann vor allem dann eine Alternative sein, wenn Verwandte oder Freunde Geld leihen können, dies aber nicht ausreicht, um 35 Prozent der Gläubigerforderungen sowie die Kosten des Insolvenzverfahrens zu zahlen und so zu einer vorzeitigen Restschuldbefreiung nach drei Jahren zu gelangen.
Mehr zum Verbraucherinsolvenzverfahren: www.vz-nrw/insolvenzrecht.
Verbraucherzentrale NRW, Mintropstraße 27, 40215 Düsseldorf
www.vz-nrw.de

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